Medienecho
Liza Kos‘ russischer Döner mit Kartoffelsalat
Mal superblond, mal mit dem Kopftuch einer Muslima persiflierte Kabarettistin Liza Kos am Freitagabend im Café Extra ihre Multi-Kulti-Integration, aus der sie als „ein schräges Exemplar der Gattung Mensch“ hervorgegangen sei: Sie dividierte ihre russisch-türkisch-deutsche Integration in szenischem Rollenspiel auseinander und warf das Korsett der Zwänge ab.
„Schön, dass ich hier spielen kann statt im Irak oder Iran“, eröffnete sie die humoristische Verarbeitung der prägenden Kulturen ihrer Sozialisation. In Russland geboren, als Teenager nach Deutschland gekommen und als Partnerin eines Türken zur Kopftuchträgerin geworden, sei sie daraus als ein „russischer Döner mit Kartoffelsalat“ hervorgegangen, setzte Liza Kos den Spagat ins Bild. Um sich aus den Unvereinbarkeiten zu befreien, habe sie entschieden, sich selbst zu gestalten: „Ich nahm mir das Beste von jeder Identität, bin ein Mensch, und meine Heimat ist dieser Planet.“
Mit Kopftuch stellte sie die resolute Türkin Aynur dar, die dem Vorurteil von der Unterdrückung der türkischen Frau Paroli bot: „Ich liebe das Putzen. Putzen ist mein Sport. Warum gehe ich zwei Schritte hinter meinem Mann? Ich will sehen, was er macht und wohin er guckt. Mit den vollen Einkaufstaschen hole ich aus, wenn er nicht spurt.“
Der Türkin vorausgegangen war Liza Kos’ Gig als wasserstoffblonde Glitzerlady Svetlana Kalaschnikowa mit lasziv russischem Akzent: „Alle russischen Frauen machen sich schön, denn wer leiden will, muss schön sein“. Sie sagte: „Bevor ich die Bühne betrat, versprach Liza mir, ich müsse mir keine Sorgen wegen des russischen Akzents machen. Die Deutschen kennen das. Außerdem seien sie gut im Mülltrennen, verwechselten nicht das eine mit dem anderen.“ Sie suche seit Langem einen Mann, legte Svetlana dar, doch sei der deutsche Mann eher schwach. Er sei kein „Homo robusticus“, sehe vegan aus und allein seine Brille habe Stärke, skizzierte die Russin ihre Enttäuschung. „Nie waren Olga und Holger sich so nah wie heute.“ Doch wolle sie heiraten, denn ihr Nachname ‚Kalaschnikowa‘ sei ja unmöglich. „Heißt hier jemand Müller oder Schmidt? Egal, ich nehme jeden“, rief die Blondine.
Als Kopftuch und Perücke gefallen waren, brachte Liza Kos die Multi-Kulti-WG in ihrem Kopf authentisch unter einen Hut – als Mensch, für den weder die Zuordnung zu Nationalitäten noch zu Geschlechtern Bedeutung hat. Eigentlich habe sie Nonne werden wollen, erzählte sie, doch erkannte sie: „Keine gute Idee, weil ich auf Frauen steh.“
Stattdessen wurde sie Singer-Songwriterin und schrieb traurige Lieder – wovon sie einige Kostproben gab. Nachdem aber ihr erster deutscher Freund gleich ein Türke war, seien die Russin, die Deutsche und die Türkin in ihrem Kopf so lebhaft in Diskussion getreten, dass ihr 2012 das Comedy-Format passend erschien, um den Triathlon ihrer Integration, der zur Drangsal wurde, kabarettistisch zu ordnen.
„Als ich Freunden sagte, ich wolle Comedian werden, meinten sie, das sei ein guter Witz. Denn ich bin eigentlich zu ernst für Comedy“, so Kos. Und da ist was dran. Der Beifall des Publikums dankte diesem Multi-Kulti-Abend, der Teil der südhessischen Kabarettnächte war.
Quelle: Groß-Gerauer Echo vom 21.03.2022 – Text: Charlotte Martin – Bild: Robert Heiler